Majra Lakota cracy pink and beauty


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Ihre Schuld

Kurzgeschichten

Ihre grosse Schuld


DISCOTHEK

Endlich wieder ein Wochenende, denkt sie, während sie die Wäsche aus dem Wäschetrockner nimmt und sorgfältig zusammenlegt. War gestern wieder ein langer Arbeitstag. 17 Stunden auf der Straßenbahn. Sie ist seit einigen Jahren schon Straßenbahnfahrerin. Ihr gefällt dieser Job, wenn er auch sehr anstrengend ist, so macht er ihr doch großen Spaß.

Aber heute geht es ab in die Disco, das bedeutet, sich schön zu machen. Ihr Mann kommt endlich aus dem Bad, nun freut sie sich schon auf die entspannende Dusche.

Während sie sich das verführerisch riechende Duschöl gleichmäßig auf den Körper verteilt, entgleiten ihr ihre Gedanken. Wie schön war es doch noch vor ein paar Jahren mit ihrem Mann……..er hätte sie früher nie alleine duschen gehen lassen, was ließen sie sich nicht alles einfallen, sie hatten schon ein ausgefülltes Eheleben in den ersten Jahre ihrer Ehe……..aber irgendwie verschwinden diese Gefühle, langsam schleichend, kaum merkbar. Alles weicht einer gewissen Routine, man stumpft ab, resigniert……..

Sie hat sich innerlich schon ziemlich weit von ihrem Mann entfernt……..natürlich , äußerlich waren sie das perfekte Ehepaar, er war fürsorglich, übernahm viel Hausarbeit, kochte, wischte Staub, schließlich arbeiteten sie ja beide gleich viel. Ihr Mann arbeitet ja im selben Betrieb, sie hatten Schichtdienst, sehr unregelmäßig, sahen sich natürlich dadurch auch nicht so oft. Darum wollte sie sich für den heutigen Abend besonders schön machen. Vielleicht kann man ja wieder das Eheleben ein wenig auffrischen.

Sie steigt aus der Dusche frottiert sich ab, föhnt sich ihre Haare, versucht sie zu bändigen. Sie ist leicht verärgert, denn der Friseur hat ihr eine Dauerwelle eingeredet, nun sind ihre Haare wie Stroh und sie muss viel Balsam ins Haar geben, um eine einigermaßen schöne Frisur zustande zu bekommen. Endlich hat sie es geschafft, nun noch schnell einen Hauch von Rouge aufgetragen, den Lidstrich gezogen, nein…den Lippenstift trägt sie zum Schluss auf.

Nun geht sie ins Schlafzimmer. Ein Blick in den Spiegel zeigte ihr eine junge blonde Frau, schlank, ganz hübsch, sehr sinnlich, große blaue Augen…..verborgene Sehnsucht in ihrem Blick….Sehnsucht nach Zärtlichkeit, Wärme, Geborgenheit, Liebe…..

Sie wendet sich schnell ab, Tränen steigen in ihre Augen………wo ist das alles geblieben…. Fragt sie sich insgeheim

Ihrem Mann fällt das eigentlich schon lange nicht mehr auf, dass sie oft sehr traurig ist. Oder aber es interessiert ihn einfach nicht. Sie fühlt sich so allein gelassen….

Sie schüttelt energisch den Kopf, wischt sich die feuchten Augen mit den Handflächen ab und beginnt sich mit der nun alles beherrschenden Frage auseinander zu setzen………Was ziehe ich an?

Es ist wohl mit Sicherheit die schwierigste Frage die eine Frau sich stellt, wenn sie ausgeht. Sie wird ja kaum von ihrem Mann unterstützt, denn die Frage an ihn, was ihm nun besser gefällt, das blaue, das rote oder vielleicht doch lieber das Schwarze Kleid….seine notorische Antwort darauf………" Schatz, du gefällst mir in jedem Kleid* damit kann sie ja nicht viel anfangen.

Es ist ja auch nicht nur das Kleid……..wenn die richtigen Schuhe oder die Handtasche nicht dazu passen hilft alles nichts. Leider fehlt einem Mann dazu das Verständnis. Seine Schuhe sind ja immer schwarz, wenn er abends ausgeht, seine Hose auch……Nur das Hemd ändert sich…….selbst das Jackett bleibt immer gleich……

Ok, sie entscheidet sich nun für das Pinkfarbene Oberteil, eine längere Jacke, deren Stoff ist glänzend mit pinkfarbenen Pailletten und goldfarbenen Knöpfen sowie schwarzen Kordeln, ein sehr extravagantes Teil, das hat sie sich einmal in einer sehr guten Boutique gekauft, dazu einen schwarzen Minirock…….sie kann das locker tragen, ihre Figur ist dafür perfekt geeignet. Sie hat schöne schlanke makellose Beine die in schönen schwarzen Nylonstrümpfen mit schwarzer Naht hinten wunderbar zur Geltung kommen. Sie trägt dazu Straps, sie liebt es sie auf ihrer Haut zu spüren. Sie schlüpft in hochhackige Pumps…..Perfekt, ……Sie dreht sich einige Male im Kreis……..sie ist stolz auf ihre Figur. Schnell noch ins Badezimmer Lippenstift aufgesetzt, es gefällt ihr was sie sieht……. Sie beginnt zu strahlen als sie nun ins Wohnzimmer geht und vor ihrem Mann hintritt

*Schatz, wie sehe ich aus?*

Naja, sie findet seine Antwort nicht gerade umwerfend, als er sagte

*Schön Schatz, wie immer halt*

Allerdings wendet er seinen Blick dabei nicht vom Fernseher

Sie lässt sich aber nicht entmutigen, stellt sich vor ihm hin , nimmt ihm natürlich dabei den Blick zum Fernseher und dreht sich kokett vor ihm im Kreis und fragt

*Und wie gefällt dir was ich anhabe?*

Sein umwerfender Kommentar dazu

*ja, eh schön*

leicht seufzend, weil er von seinem Fernseher wegschauen musste

Er konnte ziemlich ungehalten sein, wenn man ihn bei seiner Lieblingsbeschäftigung störte, dem Fernsehen. Sie hatte manchmal das Gefühl dass es für ihn nichts wichtigeres mehr auf dieser Welt gibt als den Fernseher.

Sie denkt, du meine Güte……..vor ein paar Jahren noch hätte er sie in dem Outfit in die Arme genommen, sie ins Schlafzimmer getragen und sie geliebt bis zur Extase, egal ob die Frisur nun verrutscht und das Makeup sich verschmiert, oder ob sie zu spät gekommen wären oder nicht. Sie vermisst diese Art der Zärtlichkeit……diese Spontaneität, einfach zu tun worauf man Lust hat…….

Endlich erhebt er sich gemächlich….immerhin hat er ja bei einer Körpergröße von 189 cm beachtliche 130 kg….und zieht sich seinerseits nun an.

Sie setzt sich nun auf den Sessel und wartet. Endlich kommt er aus dem Schlafzimmer, so angezogen wie immer, nichts Aufregendes eben, noch schnell die Schuhe poliert und es kann losgehen.

Sie fahren in die Diskothek, sie gehört einer Kollegin und ihrem Lebensgefährten die ihnen inzwischen schon sehr gute Freunde geworden sind.

Der Abend verläuft mit viel Lachen und Tanzen, sehr angenehm und lustig. Die Männer führen wichtige Gespräche, wie sie es nennen, und die beiden Frauen bewegen sich viel auf der Tanzfläche zu heißer Musik, ihre Körper wiegen sich im Takt der Musik, manchmal völlig übermütig, tanzen sie eng umschlungen…….dann wieder offen bewegen sich ihre Körper im Rhythmus der Musik. Sie sind beide hübsch anzusehen. Petra ist etwas jünger als sie und noch schlanker, man kann sie fast schon als dünn bezeichnen.

In einer Musikpause gehen die beiden Frauen in das angrenzende dazugehörige Kaffeehaus und trinken gemütlich ihren Kaffee, als sie ihren Sohn erblickt. Er sieht gut aus im schwarzen Anzug. Er ist 17, dunkelblond, groß, hübsch, ein Frauenschwarm. Sie bemerkt stolz wie die Mädchen hinter ihm nachsehen. Er war immer schon ein schwieriger Junge……..aber nun hat er sich scheinbar zu einem vernünftigen jungen Mann entwickelt, leider versteht er sich nicht gut mit seinem Stiefvater. Sein Vater starb überraschend mit 29 Jahren an einem Herzinfarkt. Das hatte ihn damals ziemlich aus der Bahn geworfen, sie glaubt, damit ist er nie wirklich fertig geworden. Sie dachte, als sie ihren 2. Mann heiratete, dass er Vaterersatz für ihn sein könnte, aber leider kam alles ganz anders, Ihr Mann lehnt ihre beiden Söhne ab, leider bemerkte sie es erst viel zu spät. Sie sah es einfach nicht. Oder wollte sie es nicht sehen, sie wird sehr nachdenklich. Ihre übermütige Stimmung ist nun völlig verflogen, Traurigkeit überkommt sie. Eigentlich ist nichts so geworden wie sie es sich geträumt hatte mit ihrem 2. Ehemann.

Jäh wird sie nun aus ihren Gedanken gerissen als die Stimme ihres Sohnes an ihr Ohr dringt.

*Hallo Mama* .

Sie schaut ihn an, sie bemerkt seinen suchenden Blick.

*Er ist drinnen in der Disco mit Thomas beschäftigt* sagt sie zu ihm.

Es wäre ihrem Mann nicht recht gewesen, hätte er gesehen, dass sie hier mit ihrem Sohn spricht.

Sie denkt voller Verzweiflung….verdammt, warum ist er nur so……warum kann er nicht akzeptieren dass sie 2 Söhne hat, die nun mal so sind wie sie sind……..immer muss sie alles heimlich mit ihnen machen, ihnen helfen wenn sie sie mal brauchen, er darf es nie erfahren…….sonst gibt es wieder richtigen Streit mit ihm, bei dem sie wie immer verliert. Sie ist ihm so unterlegen……und hasst sich dafür. Sie ist einfach hilflos………kommt einfach nicht gegen ihn an. Wenn er seine Eisesmiene aufsetzt und wochenlang nichts mit ihr spricht, sie erträgt das einfach nicht. Sie erfriert neben ihrem Mann

Aber da geht ihr Sohn schon weg, weil ihr Mann nun auch in das Kaffeehaus kommt.

Zum Glück hat er ihn nicht gesehen, atmet sie heimlich auf…….ihre Traurigkeit bleibt.

Sie unterhalten sich nun ein wenig, er trinkt eine Tasse Kaffee, danach gehen sie wieder in die Diskothek. Aber ihre Stimmung ist am Nullpunkt angelangt. Ihrer Freundin geht es nicht viel anders, sie weiß ja um die Problematik in der Ehe ihrer Freundin. Aber helfen kann sie ihr dabei auch nicht.

Endlich ist es Zeit die Disco zu schließen, sind ja kaum mehr Leute da. Bis abgerechnet wird mit dem Personal vergeht noch einmal eine halbe Stunde, Es ist inzwischen 4 Uhr früh geworden dann gehen alle hinaus zu den Autos. Sie friert, es ist November, die Kälte kriecht durch ihren nur leicht bekleideten Körper.

Sie verabschieden sich noch von den Freunden, und gehen langsam auf das Auto zu. Sie sind nun schon die Letzten. Da steht plötzlich ihr Sohn hinter ihr……

*Könnt ihr mich bitte mit nach Hause nehmen? Meine Freunde haben zuviel getrunken und ich wollte da nicht mit ihnen mitfahren*

Sie wollte schon *Ja natürlich * sagen, er wohnt ja noch bei ihnen, als ihr Mann sie am Arm nahm , etwas zu fest fand sie, sie erschrak regelrecht, ……aber sie hätte es sich nie zu sagen getraut.

*Nein, du hättest dir früher eine Mitfahrgelegenheit suchen müssen* kam die kalte Antwort von ihrem Mann

Ihr blieb das Wort im Hals stecken, damit hatte sie nun absolut nicht gerechnet, es gab eigentlich keinen Grund für dieses Verhalten

Er öffnete die Autotüre, stieß sie hinein, schlug die Türe zu und setzte sich ans Steuer und fuhr los.

Sie sah ihren Sohn da stehen, nur im Anzug, es hatte schon minusgrade, ihm war kalt. Er sah ihnen noch nach, sie wird diesen Blick nie in ihrem Leben vergessen, er verfolgt sie manchmal heute noch. In diesem Augenblick starb wieder ein Stück der restlichen Liebe die noch zwischen ihnen war. Aber…….mit Sicherheit starb auch ein Stück Liebe von ihrem Sohn zu ihr…..berechtigt, sie kann es ihm nicht einmal verübeln. Sie begann zu weinen, und fragte ihren Mann, warum er so reagiert hatte? Dort gibt es nichts, nur Felder, er muss sicher eine Stunde zu Fuß zum nächsten Bahnhof gehen und wer weiß wann der erste Zug nach Wien fährt.

Aber sie bekam keine Antwort von ihm, ein paar Wochen lang war nun wieder Schweigen bei ihnen angesagt. Das konnte er gut, Schweigen………..und sie erfror…

Sie schwiegen sich zu Tode. Es dauerte noch einige Jahre, bis ihre Ehe endgültig gestorben war.

Warum hatte sie nicht die Kraft sich gegen ihren Mann aufzulehnen…..ihm zu sagen was sie nicht will? Warum konnte sie das nicht? Sie hasst sich dafür…….und ihn……….und sie weiß nicht, wie sie mit alledem fertig werden soll……mit dieser enormen Schuld die sie auf sich geladen hatte

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Maria Lamböck



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